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„Das Schwein hat nichts mehr davon, ob ich das Schnitzel auf dem Teller esse oder nicht.“ Diesem Einwand begegne ich immer wieder, wenn ich mit anderen bei Tisch sitze und bewusst kein Fleisch esse.
Seit ich mich im Zusammenhang mit den Recherchen zu meinem Tierethik-Buch intensiver mit der Fleischindustrie und ihren Hintergründen auseinandergesetzt habe, esse ich kaum mehr Fleisch – es sei denn, ich kann sicher gehen, dass es von einem heimischen Bauernhof kommt, der ökologisch und biologisch ausgerichtet ist und bei dem Tierwohl großgeschrieben wird.
Der deutsche Tierethiker Richard David Precht schreibt in seinem Buch Tiere denken: „Es ist ein Drama, dass viele Menschen die Produkte von Tieren essen, deren Haltungs- und Schlachtbedingungen sie zutiefst empören würden.“ Ich halte es deshalb für wichtig, die Konsumentinnen und Konsumenten dafür zu sensibilisieren, dass sie dafür, wie Tiere gehalten und geschlachtet werden, Mitverantwortung tragen, denn durch den Kauf von Fleisch billigen und finanzieren sie es.
In Bezug auf den Fleischkonsum muss sich meines Erachtens ein ethisch vertretbares Konsumverhalten in eine dreifache Richtung entwickeln: 1) den Fleischkonsum zu reduzieren, 2) einen angemessenen Preis für das Fleisch zu bezahlen und 3) auf die Qualität des Fleisches zu achten, die nur durch eine ökologische und biologische Landwirtschaft gewährleistet ist.
Für die Reduzierung des Fleischkonsums gibt es viele Gründe, z.B. der Gesundheitsaspekt oder die Klimaverträglichkeit. Es ist mittlerweile bekannt, dass die intensive Massentierhaltung, verbunden mit einem hohen Anteil von Kraftfutter bei der Fütterung, klimaschädliche Auswirkungen hat. Eine solche ist aber notwendig, um den derzeitigen hohen Fleischkonsum in unserer Gesellschaft decken zu können. Die intensive Massentierhaltung kann nur deshalb die großen Mengen Fleisch zu relativ niedrigen Preisen auf den Markt bringen, weil unter Verletzung des Verursacherprinzips die Kosten der Umweltschäden, die durch die intensive Landwirtschaft verursacht werden, weder vom Verursacher noch vom Konsumenten getragen werden, sondern von der Allgemeinheit. Die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips würde zu einer Verteuerung der umweltschädigenden intensiven Tierhaltung und der durch sie erzeugten Güter führen.
Besonders hinweisen möchte ich an dieser Stelle aber auf das Tierwohl. Betriebe, die eine extensive Tierhaltung betreiben und sich an ökologischen Richtlinien orientieren, produzieren weniger, aber dafür qualitätsvoller. Einige dieser Richtlinien in Bezug auf die Tierhaltung sind: sie muss artgerecht sein; der Viehbestand muss an die Hoffläche angepasst sein, um einen möglichst geschlossenen betrieblichen Nährstoffkreislauf zu erreichen, d. h. dass ein Hof selbst das benötigte Futter produziert; auf Zukauf von Futtermitteln soll deshalb nach Möglichkeit verzichtet werden, die Zufütterung von Kraftfutter sollte auf ca. 5 % der Fütterung reduziert werden; als Düngemittel soll nur der Mist der Tiere verwendet werden, d. h. dass mineralische Düngemittel ebenso wie chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel nicht zur Anwendung kommen; gänzlich zu verzichten ist auf vorsorglichen Einsatz von Antibiotika und im Falle veterinärmedizinischer Indikation ist er auf ein Minimum zu reduzieren.
Das hat Auswirkungen auf der finanziellen Ebene. Gewisse Ausgaben – wie z. B. jene für Futtermittel- oder Düngermittelzukauf sowie im Bereich der Veterinärmedizin – fallen auf der einen Seite weg. Auf der anderen Seite wird weniger produziert, dafür aber Produkte von besserer Qualität, sodass die geringere Produktion höher zu entlohnen ist. Schließlich müssen auch die Kosten für eine artgerechte und tierfreundliche Haltung in die Preiskalkulation einberechnet werden. Grob gerechnet müsste sich der Preis von Fleisch aus ökologischer Tierhaltung gegenüber jenem aus konventioneller Tierhaltung verdoppeln. Mit der Bereitschaft, weniger Fleisch zu konsumieren, muss also auch jene verbunden sein, für das Fleisch mehr zu bezahlen – ganz nach dem Motto: weniger, aber dafür gutes Fleisch.
Unsere Bauern und Bäuerinnen haben ein Anrecht darauf, dass sie von einer ökologischen und tierethisch verantwortbaren Landwirtschaft leben können – und zwar ohne Bittsteller oder Subventionsempfänger zu sein. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Bereitschaft der heimischen Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch des Tourismus, die Produkte dieser Bauernhöfe zu kaufen, auch wenn sie mehr kosten als das (zumeist importierte) Fleisch aus der Massentierhaltung. In diesem Sinne: Mahlzeit und guten Appetit! Martin M. Lintner
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